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Massenmörder bei der Arbeit: Das Hamburger Reservepolizeibataillon 101 durchsucht Jüdinnen nach Wertsachen, Miedzyrzec, Polen, im Mai 1943.
Massenmörder bei der Arbeit: Das Hamburger Reservepolizeibataillon 101 durchsucht Jüdinnen nach Wertsachen, Miedzyrzec, Polen, im Mai 1943.

Worte und Taten: Massenmörder wie du und ich

Posted on 29. Januar 20204. Januar 2024 by Richard Müller

Auch 75 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz lautet die Gretchenfrage: Warum? In seinem Leitartikel „Ohne Erinnerungskultur gibt es keine gute Zukunft“ in den Salzburger Nachrichten vom 25. Jänner 2020 schreibt Andreas Koller vom „Ungeist, der uns Ausschwitz bescherte“ und über die „im Wortsinn tödliche Giftwirkung des Antisemitismus“. Kollers Warnung vor solchem Ungeist ist bei weitem weniger banal, als es zunächst scheinen mag.

Ganz gewöhnliche Männer

In seiner bahnbrechenden Fallstudie „Ordinary Men“ von 1992 hat Christopher Browning die Massentötung von insgesamt 38.000 jüdischen Männern, Frauen und Kindern durch die „ganz gewöhnlichen Männer“ des Hamburger Reservepolizeibataillons 101 beschrieben. Aber wie konnten aus normalen Menschen wie du und ich nicht nur mittelbare Schreibtischtäter, sondern unmittelbare Mörder werden? Obwohl ihnen die Teilnahme an den Massenerschießungen zu Beginn sogar freigestellt wurde und auch bei den wenigen nachfolgenden Verweigerungen keine schweren Sanktionen drohten?

Gehorsamsbereitschaft und Gruppenzwang

Browning kommt zu dem Schluss, dass vier Faktoren hinreichen, um Völkermörder zu rekrutieren – damals wie heute: Erstens eine verbreitete Gehorsamsbereitschaft gegenüber höhergestellter Autorität, wie sie in den berühmten Milgram-Experimenten nachgewiesen wurde. Zweitens ein verbreiteter Konformismus gegenüber gleichgestellten Mitgliedern der eigenen Gruppe, ein Nachgeben gegenüber dem Gruppenzwang. Drittens die Enthemmung und Abstumpfung durch die staatlich und gesellschaftlich legitimierte Tötung Vieler durch Viele, d.h. durch Krieg. Viertens die systematische Herabwürdigung und Entmenschlichung bestimmter Gruppen von Menschen durch Verhetzung, jener Ungeist also, von dem Koller schreibt.

Krieg und Verhetzung

Ich halte Brownings Analyse für zutreffend und deren Konsequenzen für brandgefährlich: Während Krieg und Verhetzung Variablen sind, die historisch auftreten können oder nicht, handelt es sich bei Gehorsamsbereitschaft und Gruppenzwang um anthropologische bzw. zivilisatorische Grundkonstanten, denen sich Menschen nur in Ausnahmefällen entziehen können. Mit anderen Worten: Zwei der vier Voraussetzungen für Völkermord sind zu jeder Zeit an jedem Ort bereits erfüllt. Es fehlen also nur noch Verhetzung und ein kriegerischer Konflikt.

Worte und Taten liegen ganz, ganz nahe beieinander. Der Kampf gegen Worte ist die einzig effektive Prävention!

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Bildquellen

  • Reservepolizeibataillon 1010: By Yad Vashem.

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