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Angewandter Utilitarismus: Gemeinwohlfördernde Löwenhetze im alten Rom
Gemeinwohlfördernde Löwenhatz im alten Rom

Die Impfpflicht und die Fratze der Utilitaristen

Posted on 22. Januar 20221. Februar 2022 by Richard Müller

Die Impflicht basiert auf einer verwerflichen utilitaristischen Ethik und verletzt unsere Grundrechte, so der Philosoph Alexander Hutterer. Er irrt.

Der aus Koppl stammende und derzeit in Cambridge dissertierende Philosoph Alexander Hutterer referiert in seinem Meinungsbeitrag „Gegen eine Impfpflicht“ (Salzburger Nachrichten vom 21. Jänner 2022) die moralphilosophische Binsenweisheit, dass das utilitaristische „größte Glück der größten Zahl“ eine absurde Morallehre abgibt, sobald zum Nutzen der Vielen in die Grundrechte der Einzelnen und der Wenigen eingegriffen werden soll. Alexis de Tocqueville und John Stuart Mill nennen das die „Tyrannei der Mehrheit“.

Werft Christen den Löwen zum Fraß vor!

Wie der Harvard-Philosoph Michael J. Sandel in seinem Buch „Gerechtigkeit“ illustriert, würde es der Utilitarismus, die einzig relevante Spielart des von Hutterer zitierten „Konsequentialismus“, ohne Frage gebieten, im Kolosseum zum Gaudium des Publikums Christen den Löwen zum Fraß vorzuwerfen. Oder die zehn reichsten Menschen laut aktueller Oxfam-Studie aus Umverteilungsgründen am nächsten Baum aufzuknüpfen, um ein aktuelleres Beispiel zu nennen. Die Kosten-Nutzen-Rechnung ginge in beiden Fällen auf. Zumindest kurzfristig.

Michael J. Sandel lehrt Philosphie an der Harvard University. Populär wurde er durch seine online abrufbaren Vorlesungen.
Michael J. Sandel lehrt Philosphie an der Harvard University. Populär wurde er durch seine online abrufbaren Vorlesungen.

Einer dergestalt Amok laufenden Morallehre stehen nicht nur unsere verbrieften Grundrechte, sondern auch unser moralisches Empfinden entgegen. Diese Selbstverständlichkeit gestehe ich Hutterer gerne zu.

Ein Grundrechtskonflikt

Was Hutterer und andere partout nicht verstehen: Die Impfpflicht ist kein utilitaristischer Eingriff in die Grundrechte zur Maximierung des Gemeinwohls. Die Impfpflicht ist die Folge eines Grundrechtskonflikts. Sie ist ein Eingriff in die Grundrechte zur Maximierung der Grundrechte. Minimalen Eingriffen in das Recht auf körperliche Unversehrtheit einer Minderheit stehen, vor allem im Hinblick auf weitere Mutationen, weit massivere Eingriffe in das Recht auf körperliche Unversehrtheit und das Recht auf Leben der in Geiselhaft genommenen Mehrheit gegenüber.

Unterm Strich: die Impfpflicht

Hutterer und allen anderen, die wie ich die Grundrechte höher schätzen als darüber hinausgehende Gemeinwohlüberlegungen, wird wohl nichts anders übrig bleiben, als die Grundrechtsverluste mit und ohne Impfpflicht zu kalkulieren. Die Rechnung geht zugunsten der Impfpflicht auf. Ein Schelm, wer die Grundrechte der einen höher ansetzt als die Grundrechte der anderen und sich trotzdem einen Liberalen nennt! Das sei hiermit auch den irrlichternden Neos und der wankelmütigen FDP ins Stammbuch geschrieben.

Sterbenskranke Violinisten

Das von Hutterer verwendete Gedankenexperiment zur ethischen Widerlegung der Impfpflicht handelt von einem weltberühmten sterbenskranken Violinisten, zu dessen Rettung der Musikverein Menschen entführt und zum Blutaustausch zwingt. Ich teile Hutterers Abscheu. Weil diese armen Menschen, die man auch noch zwingt statt nur verpflichtet, für das Leiden und Sterben des Violinisten nämlich nichts können.

"Sterbenskranker Violinist" by wombo.art
„Sterbenskranker Violinist“ by wombo.art
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Bildquellen

  • Michael J. Sandel: Asamishkin, CC BY-SA 4.0 , via Wikimedia Commons
  • „Sterbenskranker Violinist“ by wombo.art: wombo.art
  • Das letzte Gebet der christlichen Märtyrer: Jean-Léon Gérôme, Public domain, via Wikimedia Commons

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